Am 6. August bin ich von Berlin aus losgeflogen und befinde mich jetzt schon über zwei Monate in China: Die Zeit vergeht so schnell! Hier in diesem Rundbrief werde Ich die bisherigen Erfahrungen und Erlebnisse von meiner Zeit in China hoffentlich kurz zusammenfassen können.
Ich mache einen Freiwilligendienst für ein Jahr und werde vom „Zentrum für Mission und Ökumene“ in Kooperation mit Weltwärts unterstützt. Die „Amity Foundation“ ist eine christliche NGO in China und übernimmt das Organisatorische in China.
Vorbereitung in Nanjing
Mit ein Paar Komplikationen in Deutschland mit Lufthansa bin ich, mit Hongkong als Zwischenstopp, ins östliche Nanjing (南京) geflogen und habe die ersten zwei Wochen mit 13 anderen Freiwilligen in einem Hotel auf dem Gelände der „Nanjing Normal University“ verbracht. Diese paar Wochen waren für mich ein super Einstieg, um die Lebensumstände in China kennenzulernen, ein Gefühl fürs Handeln zu bekommen, nette Leute treffen, Chinesisch zu lernen und um in die Kirche zu gehen.
Die ersten Tage in Nanjing waren wir auf uns alleine gestellt. Jede Freiwilligengruppe von den verschiedensten Organisationen in Deutschland und den USA sind über die darauffolgenden Tage nacheinander eingetrudelt. Das erste was jeder gemacht hat, war eine chinesische Simkarte kaufen und Geld wechseln bzw. abheben. Es gab an jeder Straßenecke kleine Stände mit Essen oder motorisierte Dreiräder, deren Ladefläche voller bunter Früchte war.
Nanjing ist Hauptstadt und Metropole der Provinz Jiangsu und war, bis zur Gründung der VR China, die Hauptstadt Chinas (Nan 南 = Süd, Bei 北 = Nord, Jing 京 = Hauptstadt). Mit ihren fast 8 Millionen Einwohnern gab es immer jemanden, den man nach dem Weg fragen konnte und der auch die englische Sprache beherrscht. Schon nach einigen Tagen wussten wir, wie man mit der Metro fährt, wo die Einkaufsläden sind, wie man zur Kirche kommt oder wo man Abends essen gehen kann.
Am Montag hatten wir endlich unseren Chinesischkurs, der die folgenden zwei Wochen jeden Vormittag stattfand. Viele Freiwillige haben zum ersten Mal einen Chinesischkurs besucht, andere waren schon etwas fortgeschritten und waren besser vorbereitet. Ich habe im Sprechen wenig Schwierigkeiten, dafür viel mehr im Schreiben. Für jedes Wort gibt es ein Zeichen, was die Sache deutlich erschwert.
Nachmittags haben wir entweder von zwei Professoren gelehrt bekommen, wie man in China am besten Englisch unterrichtet oder wir haben Ausflüge in Nanjing und Umgebung gemacht. Wir waren im Nanjing-Massaker-Museum, haben den berühmtesten Kaligrafist Chinas kennengelernt, haben das Fußballspiel Hongkong gegen Iran gesehen, waren beim Sun Yatsen Grabmal, staunten über den riesigen Garten des Ge und waren bei der Amity Printing Factory.
Ich war in Nanjing oft in der Kirche, zum einen wegen der Gottesdienste, weil ich dort den Chor mit meinem Klavierspiel begleitet habe. Zum anderen habe ich bei dem Anspiel „Adam & Eve“ mitgespielt, wo ich die Rolle des Adams hatte. Dort habe ich super viele Leute kennegelernt und habe immernoch Kontakt mit denen.
Gemeinsam mit den andere 13 Freiwilligen hatte ich eine sehr schöne Zeit in Nanjing. Wir haben viel zusammen erlebt und sind gut zusammengewachsen. Mit Teddy, dem anderen Amerikaner, habe ich viel zusammen gemacht, weil er kein Deutsch konnte.
Er und Clara sind in Nanjing geblieben und haben jeder ihre eigene Schule dort. Wir anderen Freiwilligen sind Ende August zusammen nach Gansu geflogen, eine Provinz, die von Zentralchina bis in den Nordwesten des Landes reicht. In Jiayuguan wurden wir von unseren Schulen abgeholt und zu unserem neuen Zuhause gefahren: nach Yumen 玉门.
Stadt Yumen
Ich bin mit Caspar an der „Yumen Middle School no. 3“, eine von drei Schulen in Yumen. Vincent und Max sind an der no. 1 und no. 2 untergebracht. Die anderen Freiwilligen sind in Jiuquan, einer 800.000 Einwohnerstadt.
Yumen hat zwischen 30.000 und 90.000 Einwohner, sagen die Einwohner hier zumindest. Laut Wikipedia hat sie 200.000 Einwohner, was stimmt weiß man nicht. Die ersten Tage haben Caspar und ich damit verbracht, unsere zwei Wohnungen zu putzen und diese wohnlich einzurichten. Neue Bettwäsche, Handtücher, Putzmittel für alles mögliche, Poster und noch vieles mehr habe ich mir zugelegt. Meine Wohnung war so staubig, sandig, dreckig und schmutzig, dass ich 3 Tage damit verbracht habe, diese zu putzen. Lampen, Wasserkocher, das Bett, die Dusche und die Spüle musste ich reparieren, um jetzt in meiner sehr zufriedenstellenden Wohnung leben zu können.
Mit meiner Umgebung bin ich sehr zufrieden. Yumen ist zwar eine kleine Stadt, aber man bekommt alles, was man zum Leben braucht: 10 Minuten laufen und man ist bei einem größeren Supermarkt, ein Gemüseladen ist 5 Minuten weit weg.
Yumen Middle School no.3
玉门第三中, eine von zwei Middle Schools in Yumen, ist eine tolle Schule. Hier haben die Schüler der siebten bis neunten Klassen Unterricht. Jeder Jahrgang hat 20 Klassen mit je etwa 50 Schülern. Es gibt also insgesamt ca. 3000 Schüler an unserer Schule. Das Schulgelände ist von einem recht hohen Zaun umgeben und man kommt nur durch das große Eingangstor durch, das immer von einem Torwächter bewacht wird. Auf dem Gelände sind vier Schulgebäude. Ein Hauptgebäude, die Mensa, zwei Schlafhäuser für die Schüler und ein Haus für die Unterkünfte der Lehrer mit Ladenzeile. Etwa 2000 Schüler schlafen hier in ihren Dormitories. In den Pausen spielen die Kinder entweder Ping-Pong, Basketball auf den zahlreichen Feldern oder chillen auf dem Schulgelände. Ein riesiger Platz ist direkt vor dem Hauptgebäude und ist hauptsächlich zum Versammeln geeignet. Dort wird jeden Montag die Flagge gehievt, Feuerlöschaktionen durchgeführt, die Vorstellung neuer Lehrer eingeleitet oder es wird getanzt! Jeden morgen um 10 tanzen 2000 Schüler entweder auf dem Versammlungsplatz oder auf dem Sportplatz verteilt, die anderen 1000 Schüler laufen Klassenweise auf dem Sportplatz im Kreis. Bei dem Tanzen, bzw. Morgengymnastik läuft Musik, jeden Tag! Ich kann schon bei den chinesischen Liedern mitsingen, man hat jedoch das Gefühl, dass die Kinder mit jedem Tag etwas genervter von der immer selben Musik sind.
Das Schulgelände wird außerdem noch von vielen Blumenbeeten und grünem Rasen geschmückt. Damit diese in der Wüste überleben, müssen die regelmäßig bewässert werden. Dafür sind die Hausmeister zuständig, die alle Blumenbeete unter Wasser setzen, bis dann fast die ganze Straße unter Wasser steht. Das ist dann das Zeichen zum Ausstellen. Anscheinend wir die Wasserversorgung durch einen Stausee etwa eine Stunde südlich von Yumen in Changma (昌马)gesichert, dort werde ich demnächst hinfahren.
Mein Unterricht
Ich unterrichte insgesamt 1000 Schüler, verteilt auf zwei Wochen. Zusammen habe ich 20 Klassen, jede Woche 15 Unterrichtsstunden je 45 Minuten bei den 10 siebten Klassen und 20 Minuten bei den achten Klassen. Diese habe ich allerdings nur alle zwei Wochen Unterricht, also fünf die Woche. Der Unterrichtsplan für die nächsten zwanzig Wochen habe ich mit Caspar bereits geplant, weil wir parallel die gleichen Themen haben, jeder bereitet aber eine andere Art von Unterricht vor. Diese Woche gehe ich mit den achten Klassen das Thema „Celebrations“ durch, die siebten lernen neue Vokabeln zum Thema „My Body“.
Zweimal die Woche habe ich mit Caspar einen zweistündigen Chinesischunterricht, wo wir mit dem Lehrbuch „New practical Chinese Reader“ lernen. Das Zeichenschreiben finde ich am schwersten, weil man da am meisten Zeit investieren muss. Das übe ich meistens zuhause oder in unserem Teacher‘s office.
Teacher
Im teacher‘s office verbringen wir, abgesehen von Zuhause, am meisten Zeit. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn man kann Bilder sortieren, Unterrichtsstunden vorbereiten, Blog schreiben, Chinesisch lernen, Zeitung lesen, edX-Kurse machen oder einfach mit den vier Lehrern reden, mit denen wir ein Lehrerzimmer teilen. Jedes Mal, wenn Schüler reinkommen wollen, müssen die an der Tür warten, bis jemand sagt: „You can come in!“ Ich habe es auch schon erlebt, dass ein Lehrer ein Schüler richtig zusammengeschlagen hat, sowas habe ich in echt noch nie gesehen, nur in Filmen. Das ist aber eher eine Seltenheit und der Lehrer hat sich auch entschuldigt.
Für uns verantwortlich sind Lydia und Mr. Yuan. Lydia ist eine Englischlehrerin und versorgt uns immer mit den nötigen Informationen. Wenn wir Hilfe brauchen oder etwas in unserer Wohnung kaputt ist, dann ist sie unsere Ansprechpartnerin und organisiert alles für uns. Mr. Yuan ist, soweit ich weiß, höher gestellt als Lydia und kann kein Englisch. Er ist mit uns zur Hauptstadt der Provinz Lanzhou gefahren (eine 12-stündige Nachtzugfahrt), um ein Physical Exam zu machen, damit wir eine Working- und Residence permit bekommen. Auch hat er mit uns in Jiuquan ein Visum für dieses Jahr beantragt.
Urlaub
Unser Trip nach Lanzhou, mehr ein Urlaub, als ein Physical Exam, war super. Wir haben Mr. Yuan überredet, noch eine Nacht zu bleiben und haben uns den Gelben Fluss angeguckt, einen Nationalpark in den Bergen und waren Shoppen. Um Geld zu sparen, habe ich mir ein Zimmer mit Mr. Yuan geteilt. Caspar, Max und Vincent waren im anderen Zimmer. Das Klima in Lanzhou war eher feucht und kühl, ganz anders zu Yumen. Die ersten paar Tage in meinem neuen Zuhause waren schrecklich trocken. Man hat es an den Augen, an der Haut und vor allem an der Nase gemerkt. Ständig musste man was trinken, weil der Hals trocken war, die Hände muss man auch ständig eincremen. Inzwischen hat sich der Körper wahrscheinlich an das Klima gewöhnt.
Vor einigen Wochen war ich bei den anderen Freiwilligen in Jiuquan. Von dort aus sind wir an verschiedenen Tagen nach Jiayuguan und Zhang Ye gefahren. In Jiayuguan waren wir bei der Chinesischen Mauer, haben einen Fort besucht und sind, hier nicht seltene, Kamele geritten. In Zhang Ye gab es außerdem den längsten liegenden Buddha der Welt, 35 Meter lang, zu bestaunen. Auch waren wir beim Zhang Ye Dan Xia (丹霞地貌), dem schönsten Gebirge, das ich bis jetzt gesehen habe. Kilometerweit konnte man in die Ferne gucken und man glaubte einfach nicht, dass es echt war. Die Landschaftsformen aus roten Sandsteinen und Konglomeraten wurden weitgehend in der Kreidezeit gebildet und es war einfach magisch.
Letzte Woche war ich mit Miriam und Sara in Xining, eine größere Stadt etwa 10 Stunden mit dem Bus entfernt. Die Hinfahrt war eher ein Erlebnis für sich und sehr unangenehm, da wir die ganz Fahrt sitzen mussten. Wir kamen auch noch um 2 Uhr morgens an und mussten uns einen Schlafplatz suchen, wobei wir schlussendlich bei KFC endeten. Trotzdem war der Urlaub sehr schön: Wir waren einige Male wandern, haben den berühmtesten See Chinas, den Qinghai Lake, gesehen, staunten über vielen Tempel in der berühmten Stadt Ta‘ersi und hatten ein relativ exotisch, aber angenehmes Hotel. Die Rückfahrt war diesmal ein Schlafbus, der richtig toll war.
Essen
Als wir wieder in Jiuquan waren, habe ich noch eine Nacht bei Jakob verbracht, weil wir Jody zu einem deutschen Essen einladen wollten. Jody ist eine sehr nette Englischlehrerin, die uns schon bei etlichen Problemen weitergeholfen und schon oft zum Essen eingeladen hat. Wir haben also Schnitzel mit Bratkartoffeln gemacht :)
In Yumen kochen Caspar und ich jeden Tag. Unser Tagesablauf ist in der Woche immer gleich: Morgens macht Caspar entweder Haferflocken oder Mantou (ein chinesisches Brötchen), Mittags kaufen wir uns für 5 Yuan (etwa 60 Cent) leckeres Essen in der Kantine und Abends koche ich immer eine Gemüsepfanne, gebratenen Reis oder Nudeln. Fleisch gibt es selten. Es macht trotzdem immer wieder spaß die chinesischen Gewürze, Soßen und Gemüsearten neu auszuprobieren.
Ab und zu machen wir Zuhause grünen Tee oder Jasmin Tee und füllen den in Flaschen , um immer was dabei zu haben. Somit sparen wir eine Menge Geld, denn ein Liter Tee kostet in den Läden mindestens 5 Yuan. Wasser kochen und filtern wir auch, da haben wir auch schon eine Menge Flaschen vorrätig.
Special
Jeden Tag kochen wir nicht nur zusammen, sondern machen auch täglich Sport, um uns fit zu halten. Außerdem haben wir von der Schule Tischtennisschläger bekommen und können jederzeit Ping-Pong spielen. In fast allen Pausen gibt es Schüler, die draußen Basketball spielen. Die freuen sich riesig, wenn wir fragen, ob wir mitspielen können. Da 3000 Schüler hier zur Schule gehen, sind immer alle 10 Körbe belegt und man spielt dann einfach auf ein Korb.
Die Toiletten in China sind, wie viele von euch denken, ein Loch im Boden. Bei den meisten öffentlichen Toiletten muss man sich hinhocken. Zum Glück haben wir bei uns im Dormitory normale westliche Toiletten. In den Schulgebäuden sind die Klos leider richtig dreckig, es stinkt sehr und man merkt schon auf 10 Meter Entfernung, wo sich die Toiletten befinden. Leider ist die Spülkraft auch nicht sonderlich stark, sodass sehr oft einfach etwas im Klo liegen bleibt.
Die Müllentsorgung ist ähnlich: Es stinkt draußen, gerade am Wochenende, wenn der Müll in der Müllverbrennungsanlage (einem Container) verbrannt wird. Überall in der Stadt wird diese Technik angewandt.
Wenn mich irgendjemand mal besucht, würde er denken, dass alles hier richtig günstig ist, gerade für Tomaten könnte man den selben Preis berechnen. Ein Kilo Tomaten kosten ca. 2 Yuan, in Deutschland in etwa 2 Euro. Gemüse allgemein kostet sehr wenig, chinesische Brötchen (Mantou), Klamotten, Pflegemittel etc. sind auch günstig. Was teuer ist, sind Milchprodukte wie Butter, Joghurt. Ein Liter Milch kostet teure 1 Euro. Elektronische Geräte sind, wenn man Originalware haben möchte, genauso teuer wie in Deutschland. Es gibt natürlich für alles einen Fake, welcher dann meist sehr günstig ist. Gerade auf Märkten wie dem Rainbow Market in Jiuquan kann man alles runterhandeln und sich viele Freunde machen, um den günstigsten Preis zu bekommen.
Fazit
Ich bin hier in Yumen sehr zufrieden und glücklich. Yumen ist eine kleine Stadt, der Lärm hält sich wirklich in Grenzen und es ist wirklich angenehm zu wohnen, gerade in meiner Wohnung mit meistens fließend heißem Wasser und einer Heizung. Ich habe mich sehr schnell an das Leben in China gewöhnt, liebe es auf Märkten zu handeln und den günstigsten Preis rauszuschlagen und verstehe mich mit jedem bestens.
Das beste Gefühl hat man, wenn man seinen Unterricht richtig perfekt absolviert hat und die Schüler viel gelernt haben und richtig viel spaß hatten. Alle sind am lächeln und wenn man dann schließlich „Bye-bye“ sagt, schreien alle einem hinterher und wollen unbedingt meine Handynummer, QQ-Nummer oder Wechat-nummer haben.
Viele haben mir gesagt, dass sie richtig viel Freizeit im teacher‘s office hatten, aber ich habe echt immer was zu tun: Chinesisch lernen ist die erste Priorität, dann kommen die Unterrichts-vorbereitungen, Blog, edX-Kurs,Online Zeitung lesen, Bilder sortieren etc.
Ab und zu kochen wir mit den Lehrern oder chinesischen Leuten, was super ist für die Uni-Zeit, denn dann kann man schon kochen! Zur Zeit koche ich viel, was ich von meiner Mama gelernt habe, aber bald kommen die richtigen chinesischen fünf-Sterne Gerichte.
Falls ihr noch genauer erfahren wollt, was ich im Urlaub in Xining erlebt habe, was ich genau koche oder ganz ganz viele Bilder von meinem Leben in China sehen wollt, besucht gerne meinen Blog:
www.oli2china.weebly.com
Ich aktualisiere den Blog regelmäßig und versuche ihn so übersichtlich wie möglich zu gestalten, damit auch ihr den Überblick behaltet. Ich freue mich natürlich immer über E-mails, Nachrichten, Postkarten, Anrufe, Skype...alles jederzeit :)
Zum Schluss wünsche ich euch noch schöne Herbstferien und gutes Wetter!
Liebe Grüße
Olen
Ich mache einen Freiwilligendienst für ein Jahr und werde vom „Zentrum für Mission und Ökumene“ in Kooperation mit Weltwärts unterstützt. Die „Amity Foundation“ ist eine christliche NGO in China und übernimmt das Organisatorische in China.
Vorbereitung in Nanjing
Mit ein Paar Komplikationen in Deutschland mit Lufthansa bin ich, mit Hongkong als Zwischenstopp, ins östliche Nanjing (南京) geflogen und habe die ersten zwei Wochen mit 13 anderen Freiwilligen in einem Hotel auf dem Gelände der „Nanjing Normal University“ verbracht. Diese paar Wochen waren für mich ein super Einstieg, um die Lebensumstände in China kennenzulernen, ein Gefühl fürs Handeln zu bekommen, nette Leute treffen, Chinesisch zu lernen und um in die Kirche zu gehen.
Die ersten Tage in Nanjing waren wir auf uns alleine gestellt. Jede Freiwilligengruppe von den verschiedensten Organisationen in Deutschland und den USA sind über die darauffolgenden Tage nacheinander eingetrudelt. Das erste was jeder gemacht hat, war eine chinesische Simkarte kaufen und Geld wechseln bzw. abheben. Es gab an jeder Straßenecke kleine Stände mit Essen oder motorisierte Dreiräder, deren Ladefläche voller bunter Früchte war.
Nanjing ist Hauptstadt und Metropole der Provinz Jiangsu und war, bis zur Gründung der VR China, die Hauptstadt Chinas (Nan 南 = Süd, Bei 北 = Nord, Jing 京 = Hauptstadt). Mit ihren fast 8 Millionen Einwohnern gab es immer jemanden, den man nach dem Weg fragen konnte und der auch die englische Sprache beherrscht. Schon nach einigen Tagen wussten wir, wie man mit der Metro fährt, wo die Einkaufsläden sind, wie man zur Kirche kommt oder wo man Abends essen gehen kann.
Am Montag hatten wir endlich unseren Chinesischkurs, der die folgenden zwei Wochen jeden Vormittag stattfand. Viele Freiwillige haben zum ersten Mal einen Chinesischkurs besucht, andere waren schon etwas fortgeschritten und waren besser vorbereitet. Ich habe im Sprechen wenig Schwierigkeiten, dafür viel mehr im Schreiben. Für jedes Wort gibt es ein Zeichen, was die Sache deutlich erschwert.
Nachmittags haben wir entweder von zwei Professoren gelehrt bekommen, wie man in China am besten Englisch unterrichtet oder wir haben Ausflüge in Nanjing und Umgebung gemacht. Wir waren im Nanjing-Massaker-Museum, haben den berühmtesten Kaligrafist Chinas kennengelernt, haben das Fußballspiel Hongkong gegen Iran gesehen, waren beim Sun Yatsen Grabmal, staunten über den riesigen Garten des Ge und waren bei der Amity Printing Factory.
Ich war in Nanjing oft in der Kirche, zum einen wegen der Gottesdienste, weil ich dort den Chor mit meinem Klavierspiel begleitet habe. Zum anderen habe ich bei dem Anspiel „Adam & Eve“ mitgespielt, wo ich die Rolle des Adams hatte. Dort habe ich super viele Leute kennegelernt und habe immernoch Kontakt mit denen.
Gemeinsam mit den andere 13 Freiwilligen hatte ich eine sehr schöne Zeit in Nanjing. Wir haben viel zusammen erlebt und sind gut zusammengewachsen. Mit Teddy, dem anderen Amerikaner, habe ich viel zusammen gemacht, weil er kein Deutsch konnte.
Er und Clara sind in Nanjing geblieben und haben jeder ihre eigene Schule dort. Wir anderen Freiwilligen sind Ende August zusammen nach Gansu geflogen, eine Provinz, die von Zentralchina bis in den Nordwesten des Landes reicht. In Jiayuguan wurden wir von unseren Schulen abgeholt und zu unserem neuen Zuhause gefahren: nach Yumen 玉门.
Stadt Yumen
Ich bin mit Caspar an der „Yumen Middle School no. 3“, eine von drei Schulen in Yumen. Vincent und Max sind an der no. 1 und no. 2 untergebracht. Die anderen Freiwilligen sind in Jiuquan, einer 800.000 Einwohnerstadt.
Yumen hat zwischen 30.000 und 90.000 Einwohner, sagen die Einwohner hier zumindest. Laut Wikipedia hat sie 200.000 Einwohner, was stimmt weiß man nicht. Die ersten Tage haben Caspar und ich damit verbracht, unsere zwei Wohnungen zu putzen und diese wohnlich einzurichten. Neue Bettwäsche, Handtücher, Putzmittel für alles mögliche, Poster und noch vieles mehr habe ich mir zugelegt. Meine Wohnung war so staubig, sandig, dreckig und schmutzig, dass ich 3 Tage damit verbracht habe, diese zu putzen. Lampen, Wasserkocher, das Bett, die Dusche und die Spüle musste ich reparieren, um jetzt in meiner sehr zufriedenstellenden Wohnung leben zu können.
Mit meiner Umgebung bin ich sehr zufrieden. Yumen ist zwar eine kleine Stadt, aber man bekommt alles, was man zum Leben braucht: 10 Minuten laufen und man ist bei einem größeren Supermarkt, ein Gemüseladen ist 5 Minuten weit weg.
Yumen Middle School no.3
玉门第三中, eine von zwei Middle Schools in Yumen, ist eine tolle Schule. Hier haben die Schüler der siebten bis neunten Klassen Unterricht. Jeder Jahrgang hat 20 Klassen mit je etwa 50 Schülern. Es gibt also insgesamt ca. 3000 Schüler an unserer Schule. Das Schulgelände ist von einem recht hohen Zaun umgeben und man kommt nur durch das große Eingangstor durch, das immer von einem Torwächter bewacht wird. Auf dem Gelände sind vier Schulgebäude. Ein Hauptgebäude, die Mensa, zwei Schlafhäuser für die Schüler und ein Haus für die Unterkünfte der Lehrer mit Ladenzeile. Etwa 2000 Schüler schlafen hier in ihren Dormitories. In den Pausen spielen die Kinder entweder Ping-Pong, Basketball auf den zahlreichen Feldern oder chillen auf dem Schulgelände. Ein riesiger Platz ist direkt vor dem Hauptgebäude und ist hauptsächlich zum Versammeln geeignet. Dort wird jeden Montag die Flagge gehievt, Feuerlöschaktionen durchgeführt, die Vorstellung neuer Lehrer eingeleitet oder es wird getanzt! Jeden morgen um 10 tanzen 2000 Schüler entweder auf dem Versammlungsplatz oder auf dem Sportplatz verteilt, die anderen 1000 Schüler laufen Klassenweise auf dem Sportplatz im Kreis. Bei dem Tanzen, bzw. Morgengymnastik läuft Musik, jeden Tag! Ich kann schon bei den chinesischen Liedern mitsingen, man hat jedoch das Gefühl, dass die Kinder mit jedem Tag etwas genervter von der immer selben Musik sind.
Das Schulgelände wird außerdem noch von vielen Blumenbeeten und grünem Rasen geschmückt. Damit diese in der Wüste überleben, müssen die regelmäßig bewässert werden. Dafür sind die Hausmeister zuständig, die alle Blumenbeete unter Wasser setzen, bis dann fast die ganze Straße unter Wasser steht. Das ist dann das Zeichen zum Ausstellen. Anscheinend wir die Wasserversorgung durch einen Stausee etwa eine Stunde südlich von Yumen in Changma (昌马)gesichert, dort werde ich demnächst hinfahren.
Mein Unterricht
Ich unterrichte insgesamt 1000 Schüler, verteilt auf zwei Wochen. Zusammen habe ich 20 Klassen, jede Woche 15 Unterrichtsstunden je 45 Minuten bei den 10 siebten Klassen und 20 Minuten bei den achten Klassen. Diese habe ich allerdings nur alle zwei Wochen Unterricht, also fünf die Woche. Der Unterrichtsplan für die nächsten zwanzig Wochen habe ich mit Caspar bereits geplant, weil wir parallel die gleichen Themen haben, jeder bereitet aber eine andere Art von Unterricht vor. Diese Woche gehe ich mit den achten Klassen das Thema „Celebrations“ durch, die siebten lernen neue Vokabeln zum Thema „My Body“.
Zweimal die Woche habe ich mit Caspar einen zweistündigen Chinesischunterricht, wo wir mit dem Lehrbuch „New practical Chinese Reader“ lernen. Das Zeichenschreiben finde ich am schwersten, weil man da am meisten Zeit investieren muss. Das übe ich meistens zuhause oder in unserem Teacher‘s office.
Teacher
Im teacher‘s office verbringen wir, abgesehen von Zuhause, am meisten Zeit. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn man kann Bilder sortieren, Unterrichtsstunden vorbereiten, Blog schreiben, Chinesisch lernen, Zeitung lesen, edX-Kurse machen oder einfach mit den vier Lehrern reden, mit denen wir ein Lehrerzimmer teilen. Jedes Mal, wenn Schüler reinkommen wollen, müssen die an der Tür warten, bis jemand sagt: „You can come in!“ Ich habe es auch schon erlebt, dass ein Lehrer ein Schüler richtig zusammengeschlagen hat, sowas habe ich in echt noch nie gesehen, nur in Filmen. Das ist aber eher eine Seltenheit und der Lehrer hat sich auch entschuldigt.
Für uns verantwortlich sind Lydia und Mr. Yuan. Lydia ist eine Englischlehrerin und versorgt uns immer mit den nötigen Informationen. Wenn wir Hilfe brauchen oder etwas in unserer Wohnung kaputt ist, dann ist sie unsere Ansprechpartnerin und organisiert alles für uns. Mr. Yuan ist, soweit ich weiß, höher gestellt als Lydia und kann kein Englisch. Er ist mit uns zur Hauptstadt der Provinz Lanzhou gefahren (eine 12-stündige Nachtzugfahrt), um ein Physical Exam zu machen, damit wir eine Working- und Residence permit bekommen. Auch hat er mit uns in Jiuquan ein Visum für dieses Jahr beantragt.
Urlaub
Unser Trip nach Lanzhou, mehr ein Urlaub, als ein Physical Exam, war super. Wir haben Mr. Yuan überredet, noch eine Nacht zu bleiben und haben uns den Gelben Fluss angeguckt, einen Nationalpark in den Bergen und waren Shoppen. Um Geld zu sparen, habe ich mir ein Zimmer mit Mr. Yuan geteilt. Caspar, Max und Vincent waren im anderen Zimmer. Das Klima in Lanzhou war eher feucht und kühl, ganz anders zu Yumen. Die ersten paar Tage in meinem neuen Zuhause waren schrecklich trocken. Man hat es an den Augen, an der Haut und vor allem an der Nase gemerkt. Ständig musste man was trinken, weil der Hals trocken war, die Hände muss man auch ständig eincremen. Inzwischen hat sich der Körper wahrscheinlich an das Klima gewöhnt.
Vor einigen Wochen war ich bei den anderen Freiwilligen in Jiuquan. Von dort aus sind wir an verschiedenen Tagen nach Jiayuguan und Zhang Ye gefahren. In Jiayuguan waren wir bei der Chinesischen Mauer, haben einen Fort besucht und sind, hier nicht seltene, Kamele geritten. In Zhang Ye gab es außerdem den längsten liegenden Buddha der Welt, 35 Meter lang, zu bestaunen. Auch waren wir beim Zhang Ye Dan Xia (丹霞地貌), dem schönsten Gebirge, das ich bis jetzt gesehen habe. Kilometerweit konnte man in die Ferne gucken und man glaubte einfach nicht, dass es echt war. Die Landschaftsformen aus roten Sandsteinen und Konglomeraten wurden weitgehend in der Kreidezeit gebildet und es war einfach magisch.
Letzte Woche war ich mit Miriam und Sara in Xining, eine größere Stadt etwa 10 Stunden mit dem Bus entfernt. Die Hinfahrt war eher ein Erlebnis für sich und sehr unangenehm, da wir die ganz Fahrt sitzen mussten. Wir kamen auch noch um 2 Uhr morgens an und mussten uns einen Schlafplatz suchen, wobei wir schlussendlich bei KFC endeten. Trotzdem war der Urlaub sehr schön: Wir waren einige Male wandern, haben den berühmtesten See Chinas, den Qinghai Lake, gesehen, staunten über vielen Tempel in der berühmten Stadt Ta‘ersi und hatten ein relativ exotisch, aber angenehmes Hotel. Die Rückfahrt war diesmal ein Schlafbus, der richtig toll war.
Essen
Als wir wieder in Jiuquan waren, habe ich noch eine Nacht bei Jakob verbracht, weil wir Jody zu einem deutschen Essen einladen wollten. Jody ist eine sehr nette Englischlehrerin, die uns schon bei etlichen Problemen weitergeholfen und schon oft zum Essen eingeladen hat. Wir haben also Schnitzel mit Bratkartoffeln gemacht :)
In Yumen kochen Caspar und ich jeden Tag. Unser Tagesablauf ist in der Woche immer gleich: Morgens macht Caspar entweder Haferflocken oder Mantou (ein chinesisches Brötchen), Mittags kaufen wir uns für 5 Yuan (etwa 60 Cent) leckeres Essen in der Kantine und Abends koche ich immer eine Gemüsepfanne, gebratenen Reis oder Nudeln. Fleisch gibt es selten. Es macht trotzdem immer wieder spaß die chinesischen Gewürze, Soßen und Gemüsearten neu auszuprobieren.
Ab und zu machen wir Zuhause grünen Tee oder Jasmin Tee und füllen den in Flaschen , um immer was dabei zu haben. Somit sparen wir eine Menge Geld, denn ein Liter Tee kostet in den Läden mindestens 5 Yuan. Wasser kochen und filtern wir auch, da haben wir auch schon eine Menge Flaschen vorrätig.
Special
Jeden Tag kochen wir nicht nur zusammen, sondern machen auch täglich Sport, um uns fit zu halten. Außerdem haben wir von der Schule Tischtennisschläger bekommen und können jederzeit Ping-Pong spielen. In fast allen Pausen gibt es Schüler, die draußen Basketball spielen. Die freuen sich riesig, wenn wir fragen, ob wir mitspielen können. Da 3000 Schüler hier zur Schule gehen, sind immer alle 10 Körbe belegt und man spielt dann einfach auf ein Korb.
Die Toiletten in China sind, wie viele von euch denken, ein Loch im Boden. Bei den meisten öffentlichen Toiletten muss man sich hinhocken. Zum Glück haben wir bei uns im Dormitory normale westliche Toiletten. In den Schulgebäuden sind die Klos leider richtig dreckig, es stinkt sehr und man merkt schon auf 10 Meter Entfernung, wo sich die Toiletten befinden. Leider ist die Spülkraft auch nicht sonderlich stark, sodass sehr oft einfach etwas im Klo liegen bleibt.
Die Müllentsorgung ist ähnlich: Es stinkt draußen, gerade am Wochenende, wenn der Müll in der Müllverbrennungsanlage (einem Container) verbrannt wird. Überall in der Stadt wird diese Technik angewandt.
Wenn mich irgendjemand mal besucht, würde er denken, dass alles hier richtig günstig ist, gerade für Tomaten könnte man den selben Preis berechnen. Ein Kilo Tomaten kosten ca. 2 Yuan, in Deutschland in etwa 2 Euro. Gemüse allgemein kostet sehr wenig, chinesische Brötchen (Mantou), Klamotten, Pflegemittel etc. sind auch günstig. Was teuer ist, sind Milchprodukte wie Butter, Joghurt. Ein Liter Milch kostet teure 1 Euro. Elektronische Geräte sind, wenn man Originalware haben möchte, genauso teuer wie in Deutschland. Es gibt natürlich für alles einen Fake, welcher dann meist sehr günstig ist. Gerade auf Märkten wie dem Rainbow Market in Jiuquan kann man alles runterhandeln und sich viele Freunde machen, um den günstigsten Preis zu bekommen.
Fazit
Ich bin hier in Yumen sehr zufrieden und glücklich. Yumen ist eine kleine Stadt, der Lärm hält sich wirklich in Grenzen und es ist wirklich angenehm zu wohnen, gerade in meiner Wohnung mit meistens fließend heißem Wasser und einer Heizung. Ich habe mich sehr schnell an das Leben in China gewöhnt, liebe es auf Märkten zu handeln und den günstigsten Preis rauszuschlagen und verstehe mich mit jedem bestens.
Das beste Gefühl hat man, wenn man seinen Unterricht richtig perfekt absolviert hat und die Schüler viel gelernt haben und richtig viel spaß hatten. Alle sind am lächeln und wenn man dann schließlich „Bye-bye“ sagt, schreien alle einem hinterher und wollen unbedingt meine Handynummer, QQ-Nummer oder Wechat-nummer haben.
Viele haben mir gesagt, dass sie richtig viel Freizeit im teacher‘s office hatten, aber ich habe echt immer was zu tun: Chinesisch lernen ist die erste Priorität, dann kommen die Unterrichts-vorbereitungen, Blog, edX-Kurs,Online Zeitung lesen, Bilder sortieren etc.
Ab und zu kochen wir mit den Lehrern oder chinesischen Leuten, was super ist für die Uni-Zeit, denn dann kann man schon kochen! Zur Zeit koche ich viel, was ich von meiner Mama gelernt habe, aber bald kommen die richtigen chinesischen fünf-Sterne Gerichte.
Falls ihr noch genauer erfahren wollt, was ich im Urlaub in Xining erlebt habe, was ich genau koche oder ganz ganz viele Bilder von meinem Leben in China sehen wollt, besucht gerne meinen Blog:
www.oli2china.weebly.com
Ich aktualisiere den Blog regelmäßig und versuche ihn so übersichtlich wie möglich zu gestalten, damit auch ihr den Überblick behaltet. Ich freue mich natürlich immer über E-mails, Nachrichten, Postkarten, Anrufe, Skype...alles jederzeit :)
Zum Schluss wünsche ich euch noch schöne Herbstferien und gutes Wetter!
Liebe Grüße
Olen